Viel mehr als eine Skifreizeit

Vor einem winterlichen Wald sitzt die Gruppe aus Lehrkräften und Schüler*innen im Schnee und macht eine Verschnaufpause, viele in Skikleidung und Warnweste

Gerrit Arnold | Kolleg*innen, Schüler*innen, Eltern fragen immer wieder:

„Na, geht`s wieder auf Skifreizeit?“

Ich antworte dann regelmäßig: „Wir machen keine Skifreizeit, wir machen ein Wintersportprojekt!“

Doch wo liegt der Unterschied? Der Ursprung dieses Projektes liegt schon über vierzig Jahre zurück. Damals machten sich engagierte Blindenpädagog* innen Gedanken darüber, was Winter für Menschen mit Blindheit bedeutet und sie kamen zu dem Ergebnis, dass diese Jahreszeit eigentlich ziemlich doof zu sein scheint: Es ist kalt. Es ist rutschig. Der Schnee schluckt den Schall, dadurch wird die Orientierung erschwert. Übliche Orientierungspunkte wie Bordsteine, Einfahrten etc. sind durch den Schnee verdeckt. Äste befinden sich durch die Schneelast plötzlich in Kopfhöhe usw.

Ausgerüstet mit Langlaufskiern und den gelben Warnwesten fährt die Gruppe aus einem Waldstück heraus.

Aus dieser Erkenntnis heraus entstand die Idee, ein Projekt zu entwickeln, welches die Winterwelt mit positiven Emotionen verbinden sollte. Wo könnte so etwas besser gelingen als auf einer gemeinsamen Klassenfahrt?

Dieser Grundidee fühlen wir uns auch heute weiterhin verbunden. Die beiden Sportarten Skilanglauf und Ski Alpin bilden in unserem Projekt zwei zentrale Schwerpunkte, die besagtem Grundsatz folgen, den Schnee nicht als gefähr wahrzunehmen, sondern als ein schönes Element, auf dem man sicher und freudvoll Geschwindigkeit erleben kann. Aber auch außerhalb des Skilaufs soll die Winterwelt ganzheitlich durch Winterwanderungen, Schneeschuhlaufen, Rodeln, Schlittschuhlaufen, Lagerfeuer, Iglubau und vieles mehr genussvoll erlebt werden.

Im Folgenden beschreiben eine Schülerin und ein Schüler der neunten Klasse, wie sie das diesjährige Wintersportprojekt erlebt haben.

Wintersportprojekt der Klassen 9

​von Joshua

Zwei Menschen liegen im Schnee und scheinen Schneeengel zu machen.

Vom 13.2.2025 bis zum 21.2.2025 war der Jahrgang 9 im Wintersportprojekt in Habischried. Am Donnerstag, den 13.2.2025, trafen wir uns um 9 Uhr unten vor der Feuerwehr. Nachdem die Schüler*innen ihre Koffer verstaut hatten, ging es auch schon mit dem Reisebus los. Auf der Fahrt gab es auch Pausen, bei denen man sich Essen und Trinken kaufen konnte. Nach sieben Stunden Fahrt kamen wir endlich an. Nachdem wir unsere Koffer ausgeladen hatten, durften wir auf unsere Zimmer, um uns dort einzurichten und um die Betten zu beziehen. Dann gab es schon Abendessen, danach durften wir uns bis 20:00 Uhr ausruhen, bevor es dann eine Besprechung gab, auf welcher gesagt wurde, wie es in den nächsten Tagen ablaufen wird. Um 22 Uhr ging es dann für alle auf die Zimmer, wo man schlafen sollte.

Gruppenbild mit dem Bürgermeister von Habischried

An den nächsten beiden Tagen lief der Tag ungefähr gleich ab:

Zuerst gab es um 8 Uhr Frühstück, dann ging es um 9:00 Uhr und 9:15 mit blista-Bussen Langlauf fahren bis ungefähr 16 Uhr, danach durften alle chillen, bis es um 18 Uhr wieder Abendessen gab. Am Samstagabend gab es noch eine Besprechung, in welcher erklärt wurde, wie es jetzt organisatorisch mit dem Alpinfahren aussieht.

Die nächsten beiden Tage liefen relativ gleich ab:

Morgens um 8 Uhr gab es Frühstück, um 9:15 ging es für die eine Hälfte der Schüler*innen und Lehrer*innen los, um kurz vor 12 kamen sie pünktlich für das Mittagessen zurück, die andere Hälfte fuhr von 13:45 bis 16 Uhr Ski. Während eine der beiden Gruppen Ski fuhr, war die andere im Haus und durfte zwischen mehreren Aktivitäten auswählen.

Am Montagabend fand wieder eine Besprechung statt, bei welcher die Schüler* innen gefragt wurden, ob sie die letzten drei Tage lieber Langlauf oder Alpin machen wollen. Die nächsten drei Tage waren ungefähr gleich, es gab um dieselbe Uhrzeit wie sonst Frühstück, von 10 Uhr bis 16 Uhr fuhren die Langläufer* innen Ski. Bei den Alpin-Leuten war es so wie immer.

Am Dienstag bekamen wir Besuch vom Bürgermeister, welcher stolz auf die 31-jährige Partnerschaft mit der blista war. Am Donnerstag haben die Schüler* innen nachmittags angefangen, aufzuräumen und Koffer zu packen. Am Freitag fuhren wir nach dem Frühstück direkt mit dem Reisebus los und kamen um 16 Uhr in Marburg an.

Das Fazit: Die Klassenfahrt war toll und hätte gerne länger gehen können.

Skifahren für Blinde – Wie ist das eigentlich, das erste Mal auf Skiern zu stehen?

von Lotta

Ein Guide und ein Schüler sitzen gemeinsam bei Sonnenschein im Schnee, vor ihnen ein Miniaturschneemann

Wir, die Jahrgangsstufe neun, machten vom 13. bis zum 21. Februar ein Wintersportprojekt, in dem wir viel Neues lernten. Aber wie ist es eigentlich für blinde Menschen, auf dem rutschigen Schnee das Gleichgewicht zu halten, ohne zu sehen?

Zuerst starteten wir mit Langlauf. Beim Langlauf sind die Skier lang und haben unterschiedliche Flächen, auf die Druck ausgeübt wird. Das war für mich anfangs sehr schwer, da ich nie genau wusste, wann ich Druck aufbauen musste. Doch dann entdeckte ich eine Möglichkeit: Ich konnte darauf achten, wann es steiler wurde. Beim Aufstieg auf Berge musste ich sofort Druck aufbauen – das bedeutete, ich musste immer auf die Untergründe achten, auf denen ich mich bewegte. Zum Glück hatten wir sehr gute Begleitpersonen, die uns sicher führten und sofort zur Stelle waren, wenn man stürzte oder etwas anderes nicht klappte.

Dann ging es zum Alpinski. Dort lernten wir, genau wie beim Langlauf, zuerst die Grundlagen. Wir fuhren mit „Bigfoots“ – das sind die kleinsten Alpinskier. Auch das war anfangs eine große Herausforderung, da man hier besonders auf die Technik achten muss, mit der man um die Kurven fährt. Unsere Skilehrkräfte scheuten keine Mühen, um unsere Vorstellungskraft anzuregen. Beispielsweise sollten wir, um den Oberkörper in den Kurven nicht zu drehen, uns vorstellen, ein Tablett mit Getränken auf dem Arm zu tragen, das wir nicht verschütten durften. Das hat sehr gut geholfen. Alle machten auf ihre eigene Art und Weise Fortschritte.

Guide führt Schülerin im Schnee, beide Frauen tragen Skikleidung und Skischuhe, im Hintergrund ist eine Hütte zu sehen.

Ein wichtiger Teil unseres Trainings war auch das richtige Aufstehen nach einem Sturz. Gerade wenn sich die Skier ineinander verkeilen, kann das eine große Herausforderung sein. Unsere Skilehrkräfte brachten uns verschiedene Techniken bei, um uns selbstständig wieder aufzurichten und die Skier zu entwirren.

Die letzten drei Tage durften wir uns aussuchen, ob wir Langlauf oder Alpin fahren wollten. Für mich ging es wieder auf die Alpinpiste, wo wir unsere Technik vertieften. Zunächst blieben wir auf einer kleineren Übungspiste, aber dann meinte meine Skilehrkraft, dass ich bereit für die nächste Herausforderung sei. Also starteten wir auf der blauen Piste.

Das erste für mich unüberwindbar scheinende Hindernis war der Schlepplift. Ich hatte große Angst zu fallen oder den Anker nicht richtig zu fassen, mit dem man hochgezogen wird. Doch diese Angst war völlig unbegründet, denn auch hier stand mir meine Skilehrkraft mit Tipps und Tricks zur Seite. Besonders geholfen hat mir, auf die Geräusche des Liftes zu achten, um einzuschätzen, wie schnell er ist und ob er eventuell anhält oder beschleunigt.

Als wir oben standen, war es ein seltsames Gefühl zu wissen, dass eine neue Herausforderung auf mich wartete. Doch ich fand schnell Wege, um einzuschätzen, was ich tun sollte – beispielsweise, wenn der Schnee plötzlich glatt wurde oder es ein steiles Stück gab. Wir arbeiteten vor allem mit Ansagen: Ich fuhr voraus, während meine Skilehrkraft hinter mir war und mir mit Kommandos sagte, wann ich in die Kurven fahren musste und wie lange sie gezogen werden sollten.

Außerdem gab es viele Begleittechniken für unsichere Schüler*innen. Eine davon war die „Stockabfahrt“ – dabei hielt die Skilehrkraft ihre Stöcke quer, gab sie uns in die Hände und fuhr entweder vor, hinter oder neben uns mit den Berg hinunter.

Es war eine wundervolle Erfahrung, die mir gezeigt hat, wie auch seheingeschränkte und blinde Menschen diesen großartigen Sport ausüben können.

Ein großes Dankeschön an die Menschen, die das möglich gemacht haben!

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