Ein außergewöhnlicher Austausch zwischen Marburg und Villejuif
Berufliche Bildung ohne Grenzen

Lina-Sophie König, Auszubildende im ZBB | Austausch! Diese einmalige Möglichkeit in der Schulzeit ein anderes Land zu besuchen, Sprachkenntnisse zu verbessern, eine Kultur besser kennenzulernen und in den Alltag Anderer einzutauchen. So stellt man sich das zumindest vor. Doch wer hat schon einmal von einem Austausch im Rahmen einer Ausbildung gehört?
Genau das machte uns allerdings das Zentrum für Berufliche Bildung diesen Februar möglich, zusammen mit der Association Paul Guinot, die ebenfalls verschiedene Ausbildungsberufe für blinde und sehbehinderte Menschen anbietet. Von dort aus kamen vier Auszubildende zusammen mit ihrem Englischlehrer zuerst nach Marburg. Nur eine Woche später fuhren wir, vier Auszubildende des ZBB, dorthin.

Die Association liegt in Villejuif, einem Ort in der île-de-France, direkt in der Nähe von Paris. Mit dem Zug ging es für uns bis nach Paris, wo uns der Englischlehrer abholte und mit uns mit der U-Bahn bis nach Villejuif fuhr. Dort wurden wir nach dem Essen nicht nur vom Personal, sondern auch von einem Schülergremium begrüßt, mit Spielen, Essen und Trinken. Wir konnten nicht ahnen, dass uns eben dieses motivierte Team die ganze Woche über begleiten würde und wir sie allesamt ins Herz schließen und die gemeinsamen Erfahrungen nie vergessen würden.
Nach diesem ausgelassenen Nachmittag ging es für uns abends in ein italienisches Restaurant zum Essen. So war schon allein der Tag der Anreise ein voller Erfolg. Nach dem Essen wurden wir in eine Gästewohnung gebracht. Die Auszubildenden wohnen normalerweise in dem Gebäude, in dem sie auch Unterricht haben, doch für uns galt das nicht. Am nächsten Tag wurden wir dann dort direkt wieder empfangen. Die Menschen, die dort arbeiten, haben sich die ganze Woche über als besonders herzlich, freundlich und persönlich gezeigt. Niemals ist in diesen Räumen ein “vous” also ein “Sie” gefallen.

Von dort aus ging es das erste Mal länger nach Paris, um das Musée d™Orsay zu besuchen, ein Kunstmuseum, das barrierefreie Führungen anbietet. Jede seheingeschränkte Person wurde von einer ehrenamtlichen Person durch die unterschiedlichen Ausstellungsräume des Museums begleitet und erhielt Inforationen über die verschiedenen Werke. Nach unserer Rückkehr nahmen wir an einer kleinen Tradition der Institution teil. Regelmäßig bieten diejenigen, die die Physiotherapieausbildung absolvieren, Massagen für alle an, und diesmal auch für uns. Anschließend klang der Abend wieder zusammen mit den Mitgliedern des Schülergremiums aus, das uns durch die ganze Woche begleitete. Und dann war auch schon wieder fast die Hälfte unserer Reise vergangen.

Am dritten Tag, einem Mittwoch, fuhren wir zusammen erneut nach Paris, diesmal um das Musée de l‘homme, welches ein Museum für Anthropologie ist, kennenzulernen. Wir lernten einige verblüffende Fakten, unter anderem, dass wir Menschen nicht nur mit Affen verwandt sind, sondern tatsächlich dazu gehören.
Dieser Mythos war also geklärt und der Bildungsauftrag des Tages erfüllt. Nach dem Besuch kehrten wir zurück nach Villejuif und statteten dem Rathaus einen Besuch ab. Anschließend nahmen wir an der ersten von zwei Sport-AGs teil, bei der es unter anderem um Dehnung ging. Als auch diese Aktivität vorbei war, verbrachten wir auch diesen Abend alle zusammen mit Spielen, heiterer Stimmung und vielen interessanten Gesprächen.

Der nächste Tag war dann auch leider schon der Tag vor der Abreise. An diesem Abend wurden uns die verschiedenen Ausbildungszweige und der Unterricht dort gezeigt sowie weitere Räumlichkeiten der Association. Wir unterhielten uns noch mit Menschen, die dort in verschiedenen Bereichen arbeiteten. Nach all den Gesprächen ging es dann allerdings auch wieder sportlich zu, denn genau wie zur blista gehört auch zu dieser Institution Judo und an diesem Training durften wir ebenfalls teilnehmen. Am Abend kochten und aßen wir zusammen.
Dann ging es am nächsten Morgen auch schon wieder zurück für uns nach Marburg. Wir reisten mit einem lachenden und einem weinenden Auge ab und es war wirklich schwer für beide Seiten, sich zu trennen. Aber trotzdem war es auch schön, in unsere vertraute Stadt zurückzukehren.
Wir haben bei diesem Austausch einiges gelernt und viele Erfahrungen gesammelt. Niemand von uns wird diese Zeit je vergessen.