Kak dela! Privet! Druschba!*
Von Christian Hinrichs | Seit mehr als zehn Jahren fallen sich russische und deutsche Lehrerinnen und Lehrer in die Arme und vertiefen die Partnerschaft zwischen der Carl-Strehl-Schule, Marburg und der Grot School (Blindenschule No. 1), St. Petersburg. 2009 steht für den Beginn dieser intensiven Partnerschaft. Zunächst verantwortete Peter Audretsch auf deutscher Seite diesen Austausch, gemeinsam mit Olga Frederix, später kam Christian Hinrichs dazu.
In diesem Jahr begann die Kontaktaufnahme durch Svetlana Nikitina und Marina Artamonava, die von Beginn an auf russischer Seite den Austausch organisieren, um dann 2010 mit den Schülerbesuchen in St. Petersburg bzw. Marburg zu starten.
2020 soll das zehnjährige Jubiläum in Marburg gefeiert werden, in St. Petersburg fanden die Feierlichkeiten im Rahmen des letzten Besuches statt. Bürgermeister, Fernseh- und Radiosender, die deutsche Generalkonsulin und viele weitere Gäste machten die Feier zu einer beeindruckenden Veranstaltung.
Am 28. April hätten wir dann gerne auf deutscher Seite das Jubiläum im Marburger Rathaus gefeiert. Wegen des Coronavirus ist das momentan leider nicht möglich, aber wir freuen uns schon jetzt darauf, diese Feier nachzuholen.
Große Feiern stehen aber gar nicht im Fokus dieses Austausches, viel wichtiger sind das Kennenlernen ganz unterschiedlicher Welten und der intensive Austausch.
Auf der einen Seite St. Petersburg, die zweitgrößte russische Stadt mit einer unüberschaubaren Anzahl an Palästen, Parks, Kirchen und Museen, die die ganze Pracht der Zarenzeit zeigen. Eine Stadt, die im Zweiten Weltkrieg, (damals noch Leningrad) 1000 Tage von den Deutschen belagert und bombardiert wurde, die Stadt in der die Oktoberrevolution ihren Ausgangspunkt nahm. Auf der anderen Seite Marburg, die kleine, mittelalterliche Universitätsstadt in der Mitte der Bundesrepublik, in der die Brüder Grimm gefeiert werden und in der Emil von Behring seine Spuren hinterlassen hat.
Hier die Grot School, deren Schülerinnen und Schüler fast ausschließlich aus St. Petersburg stammen, morgens zur Schule gebracht und abends zu den Familien zurückgebracht werden. Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung tauchen in St. Petersburg im Stadtbild nicht auf, Leitlinien und Kontaktampeln finden sich kaum. Die beruflichen Perspektiven sind stark eingeschränkt.
Dort die Carl-Strehl-Schule mit dem offenen Wohnkonzept das auf ein selbstständiges und selbstbestimmtes (Arbeits-)Leben vorbereitet.
Die russischen Gäste werden manchmal von der direkten Art der deutschen Gastgeber gefordert, die deutschen Gäste regelmäßig von der überbordenden russischen Gastfreundschaft erschlagen. Nichtsdestotrotz hat sich diese Schulpartnerschaft zu einer tiefen Freundschaft entwickelt, in deren Verlauf beide Seiten sehr viel voneinander erfahren und lernen.
Zu den Zielen der russischen Gäste gehörten bisher das Gebrüder-Grimm-Museum in Kassel, die Spuren Dostojewskis in Wiesbaden, Point Alpha, Frankfurt, der blista-Reitstall, die Kletterwand der Sporthalle, das Chemikum, das Mathematikum und der Bundestag in Berlin.
Die deutsche Seite ist regelmäßig zu Gast in der Eremitage, in den prunkvollen Zarenresidenzen, in der St. Isaks Kathedrale, der Petersfestung, der Blutskirche, der U-Bahn (sehenswert!), im neuen WM - Stadion von Zenit St. Petersburg, bei Eishockeyspielen und in der Oper.
Die mit Abstand wichtigste Erfahrung stellen aber die langen Gespräche über Familie, Arbeit, Zukunftsperspektiven und auch die Einschätzung der politischen Entwicklungen dar.
* Wie geht es Ihnen! Hallo! Freundschaft!!