Editorial 2/2018
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Die Wildschweine sind wieder aus der Höhle“ lauteten die fettgedruckten Schlagzeilen. Gemeint waren die 12 jugendlichen Fußballer mit ihrem Trainer. Ihr Fußballverein heißt „Die Wildschweine“. Wie haben wir mitgefiebert, alle Nachrichten verfolgt und wie erleichtert waren wir, als nach 17 Tagen alle Kinder wohlbehalten ans Tageslicht geholt wurden und gerettet waren. Eine große Freude für alle.
Gleichzeitig ertranken Kinder auf der Flucht vor Armut und Krieg von uns unbeachtet im Mittelmeer.
Das ist eine asymmetrische Wahrnehmung und wir erleben sie häufig in unserer Gesellschaft.
Auf eine weitere weist die neue Präsidentin des Sozialverbands VdK und ehemalige blista-Schülerin Verena Bentele, hin. Sie wirft den Parteien vor, mit ihren Flüchtlingsdebatten von brennenden sozialen Problemen in Deutschland abzulenken, wie etwa den Bedürfnissen alter Menschen.
Das kann ich nur unterstützen. Blindheit ist in Deutschland ein Altersproblem. Mehr als 80 Prozent der blinden Menschen sind älter als 65 Jahre. Blindheit ist leider keine Krankheit, die heilbar ist. Aber auf die Wiederherstellung der menschlichen Funktionsfähigkeit ist unser Gesundheitssystem ausgelegt. Wer eine Hüftoperation erfahren hat, der erhält eine Rehabilitationsmaßnahme. Wer als älterer Mensch sein Augenlicht verliert, dem ist aus medizinischer Sicht nicht mehr zu helfen. Mit der neuen bedrohlichen Lebenssituation wird er dann meist alleine gelassen.
In einer durch die blista beauftragen Studie hat die Universität Marburg herausgefunden, dass Menschen, die erblinden, im Durchschnitt erst nach fünf Jahren erfahren, dass es für sie Hilfsangebote gibt. Hier versucht die blista zu helfen. Seit sieben Jahren gibt es das Angebot „Rat & Hilfe bei Sehverlust im Alter“. Wir beraten kostenfrei ältere und hochbetagte Menschen, damit diese ihre Selbstständigkeit möglichst nicht aufgeben müssen.
Wir freuen uns sehr, dass unser Angebot dieses Jahr für den „Hessischen Demografie-Preis“ nominiert ist. Es ist eine große Anerkennung für die engagierte Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen und richtet den Fokus auf ein wichtiges Problem von Seniorinnen und Senioren. Denn ein wenig Beratung kann schon helfen, seinen Haushalt selbstständig führen und sozial weithin mittendrinn sein zu können.
Leider gibt es bisher aber keine öffentliche Finanzierung für dieses wichtige Angebot. Alle unsere Bemühungen der letzten Jahre, finanziell durch Land, Kreis oder Stadt unterstützt zu werden, sind bisher fehlgeschlagen.
Geholfen haben uns die vielen Spenderinnen und Spender, denen es wichtig ist, dass Menschen auch im Alter das Recht erhalten, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben; damit so viele Menschen in unserer Mitte nicht vergessen werden.
Für diese Unterstützung möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Ihr Claus Duncker