Der Internatsrat unterwegs in Berlin
Voller Veränderungsideen und Debatten
von Mila Boedeker, Schülerin | Am 9. September brach der Internatsrat für vier Tage nach Berlin auf. Stefan, Florian und Mila besuchten gemeinsam mit Marion Lehmke und Günther Wagner jene Orte, die von der Geschichte unseres Staates berichteten und an denen teilweise noch heute Politik im großen Stil betrieben wird.
Nach viereinhalb Stunden Zugfahrt kamen wir am Donnerstagabend am Berliner Hauptbahnhof an. Erschöpft von der Reise wollten wir alle zunächst möglichst schnell zur Jugendherberge kommen. Doch 15 Minuten mit der Straßenbahn kam uns scheinbar dann doch etwas zu kurz vor. Um noch länger die Gesellschaft der Koffer genießen zu dürfen, zogen wir einen Kreis nach dem anderen im Bahnhofsgebäude, liefen jedes Gleis gleich zweimal ab und überquerten den Rosentaler Platz in die falsche Richtung. Irgendwann schafften wir es dann aber nicht mehr, das Hostel zu übersehen. Es stellte sich heraus, dass dieses glücklicherweise gegenüber einer Restaurantmeile lag. Dort kehrten wir noch am selben Abend in ein koreanisches Restaurant ein. Die Meinungen über das Essen gingen allerdings stark auseinander. Während manche sehr begeistert waren, stimmte andere das Fehlen jeglichen Fleisches auf der Speisekarte unzufrieden. Aufs Schlafen im Hostel haben wir uns aber alle gefreut, auch wenn die Zimmer doch sehr spartanisch eingerichtet waren.
Am Freitag hieß es dann Gruppenversammlung um 08:00 Uhr morgens, um den Tag zu planen. Als erstes auf der Liste stand dabei natürlich der Bundestag. Trotz verschiedener Essgewohnheiten, brachen wir alle nach dem Frühstück zufrieden und gestärkt dorthin auf. Per U-Bahn über den Alexanderplatz lief der größte Teil der Wegbewältigung dieses Mal reibungslos ab. Am Bundestag scheinbar angekommen, schien das Erreichen des Gebäudes selbst doch noch ein paar Schwierigkeiten zu bringen. Höchste Zeit, dass Stefans Handy die Navigation übernahm. Mit dessen Hilfe schafften wir es von da an, mehr oder weniger schnell den richtigen Weg zu finden.
Zunächst einmal trafen wir endlich beim Reichstagsgebäude ein, wo wenige Minuten später unsere Führung begann. Vom Plenarsaal über historische Wandmalereien im Erdgeschoss ging es schließlich hoch zu den Fraktionsräumen, begleitet von interessanten Informationen und der einen oder anderen Diskussion über politische Korrektheit. Eindrucksvoll war es, die Orte, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt und die immer so fernab des eigenen Lebens scheinen, von Nahem zu sehen oder sogar selbst zu betreten. Auffällig war außerdem die Symbolik des Gebäudes; offene, breite Flure und viele Fensterfronten drängten einem das Wort „Transparenz“ geradezu auf. Besonders die gläserne Kuppel über dem Plenarsaal soll verdeutlichen, das die Politiker und Politikerinnen sich nicht den Augen des Volkes entziehen können. Ein guter Grund also, auch selber mal von oben auf den zentralen Ort unserer Gesetzgebung zu blicken. Im Anschluss an die Führung fuhren wir daher zum Dach des Reichstagsgebäudes hinauf. Dort konnte man nicht nur die Kuppel besuchen, sondern auch eine schöne Aussicht über Berlin genießen. Hätte die Hitze der Sonnenstrahlen uns nicht verdrängt, wären wir sicherlich alle gerne noch länger geblieben.
So hieß es dann aber wieder raus aus dem Bundestag und rein in das Stadtleben. Zu Fuß erkundeten wir die Sehenswürdigkeiten, die Berlin Mitte zu bieten hat, wobei die Berliner Mauer natürlich nicht fehlen durfte. Von dort ging es weiter zur Spree, dem Fluss, der zentral durch Berlin fließt. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurden unsere Pläne aber vom Wetter durchkreuzt; Plötzlicher strömender Regen schüchterte den Großteil der Gruppe ein. Während Florian sich ins Hostel zurückzog, besuchten Stefan und Mila noch weitere Teile der Stadt. Erst als sie bis auf die Knochen nass waren, kehrten auch sie ins Hostel ein.
Nach einer kurzen Erholungszeit hieß es dann wieder Essen gehen. Diesmal war das russische Restaurant neben dem Koreaner an der Reihe. Trotz vorheriger Skepsis konnte Berlin nun endlich alle von seiner bekannten Essensvielfalt überzeugen. Lange Zeit, dies zu genießen, gab es jedoch nicht. Am Abend ging es nämlich noch einmal zum Bundestag zurück. Dort, an der Spree, wurde eine Lichtershow veranstaltet, bei der sich alles rund um die Geschichte des Reichstagsgebäudes drehte. NS-Staat, DDR, 21. Jahrhundert - nichts wurde ausgelassen. Begleitet von Originalaufnahmen ging die kurze Geschichtsstunde überraschend schnell um und prägte sich bei uns allen sehr gut ein. Zu kritisieren gab es von jugendlicher Seite nur, dass die Musik und Lichteffekte etwas unpassend wirkten. Danach fühlten wir uns eigentlich noch wach und motiviert genug, den Abend in der Berliner Innenstadt ausklingen zu lassen. Nach einer Stunde Warten auf ein Taxi war aber auch beim Letzten von uns jegliche Energie verloren gegangen. Beim Hostel angekommen, suchten wir auch an diesem Abend daher nur noch unsere Betten auf.
Und was darf bei einer Internatsratsfahrt auch nicht fehlen? Natürlich; eine Internatsratssitzung. Diese wurde gleich am nächsten Vormittag abgehalten. Die Lobby des Hostels stellte dabei eine angenehme Alternative zur Schülercafeteria in Marburg dar. Vielleicht mischten sich alle deshalb besonders engagiert in die Diskussionen mit ein. Themen waren, passend zur damals anstehenden Bundestagswahl, die Neuwahlen des Internatsrats sowie das Thema Nachhaltigkeit im Internat und WLAN. Als wir schließlich zufriedenstellende Ergebnisse hatten, brachen wir diesmal zur Museumsinsel auf. Ziel war das DDR-Museum. Dieses stellte sich als etwas überfüllt, dafür aber sehr anschaulich und interessant heraus. Auch wenn jedem von uns die DDR zuvor natürlich ein Begriff war, gab es viele Aspekte die uns neu waren. Besonders die Außenpolitik der DDR war uns zuvor nicht sehr bekannt gewesen. Aufgrund der ernsten Themen war die Stimmung nach dem Museumsbesuch etwas bedrückt. Deshalb, und wegen des wiederkehrenden Regens, kehrten wir als Pause in eine Currywurstbude ein. Anschließend schlenderten wir noch eine Weile über die Museumsinsel und ließen die Eindrücke in aller Ruhe auf uns einwirken.
Um auch kulinarisch weitere Eindrücke zu sammeln, ging es am Samstagabend in eine Sushibar. Da diese auch normale Reisgerichte anbieten konnte, wurden auch hier wieder alle satt. Für die nächsten Stunden trennten sich unsere Wege dann nochmal. Während Marion und Günther den Abend etwas ruhiger angingen, sahen Stefan, Florian und Mila sich die Gegend des Rosenthaler Platzes mal etwas genauer an. Zu sehen gab es dabei viel, da diese stark belebt war. Bis spät in die Nacht blieb aber keiner wach, schließlich hieß es am nächsten Morgen früh aufbrechen.
Auch, wenn die meisten von uns froh waren, ihre letzte Nacht in der Jugendherberge überstanden zu haben, waren wir am Sonntagmorgen alle traurig, dass die Reise nun schon wieder fast vorbei war. Ein paar Stunden galt es aber noch zu überbrücken. Der Großteil der Gruppe nutzte diese, um noch einmal zur Mauer zu gehen. Besonders im Fokus lag dabei, passend zum Vortag, eine Gedenkstätte der DDR. Auch diese war wieder sehr informativ und bewegend.
Leider drängte jedoch die Zeit. Ein hastiges Abschiedsessen im russischen Restaurant war zwar noch drin, dann mussten wir aber schon wieder zum Bahnhof zurückkehren. Auch wenn es sich bei diesem um ein eindrucksvolles Gebäude handelt, war keiner von uns sehr begeistert, ihn wieder betreten zu müssen.
Hätten wir gewusst, was uns auf der Zugfahrt erwartet, wären ein paar von uns vielleicht wirklich ein paar Tage länger in Berlin geblieben. In dem ohnehin überfüllten Zug fiel nämlich gerade in unserem Waggon die Klimaanlage aus. Da konnte die Bahn auch noch so viele Gratisgetränke austeilen wie sie wollte; die Luft blieb heiß und stickig. Dies vier Stunden lang unter der Maske ertragen zu müssen, war im Nachhinein eindeutig der unangenehmste Teil unserer Reise. Wenigstens waren wir dann doch froh, endlich wieder in Marburg zu sein. Zurück kehrten wir alle aber ein Stückchen schlauer und gestärkt für ein neues Schuljahr voller Veränderungsideen und Debatten.