Guter Start in den Beruf
Menschen für Barrierefreiheit sensibilisieren
Adrian Kurz hat im Sommer seine Ausbildung am Zentrum für berufliche Bildung (ZBB) der blista als Hessens bester Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung abgeschlossen. Mit ihm sprach Otfrid Altfeld, Leiter des Ressorts "focus arbeit".
Hallo Adrian! Wie geht es Ihnen? Wobei störe ich Sie?
Gerade entspanne ich mich nach dem Ende eines Arbeitstags. Ich habe mich heute mit erweiterten Richtlinien der Barrierefreiheit von Webseiten und mit der Verbesserung eines selbstgeschriebe-nen Programms beschäftigt.
Sie haben kurz nach Ihrer Ausbildung mit Ihrem Job begonnen. Wo arbeiten Sie und was tun Sie dort?
Ich arbeite in der Überwachungsstelle des Landeskompetenzzentrums für Barrierefreie IT im Regierungspräsidium Gießen. Ich teste verschiedene Webseiten, Dokumente und später eventuell auch Apps der öffentlichen Stellen in Hessen auf Barrierefreiheit. Dabei geht es nicht nur um blinde Menschen, son-dern darum, dass alle Benutzergruppen die Webseiten gleichwertig verwenden können, also unter anderem auch schwerhörige, taubblinde oder kognitiv eingeschränkte Menschen. Dafür gibt es gesetzliche Richtlinien, deren Einhaltung ich teste. Ich prüfe also, ob alle Bedienelemente mit der Tastatur erreichbar sind, HTML-Überschriften korrekt verwendet werden oder ob Bilder beschreibende und passende Alternativtexte haben. Ich unterstütze Webseitenbetreiber bei der Umsetzung der Barrierefreiheit und programmiere verschiedene Tools, um diese Arbeit zu erleichtern.
Sind Sie gut angekommen?
Ja, ich habe mich wirklich sehr schnell in die Arbeit eingefunden. Barrierefreiheit war schon früher mein Steckenpferd, und daher kam ich mit den Aufgaben gut zu-recht. Die Einarbeitung lief reibungslos, auch weil die Kollegen*innen meine Fragen immer schnell beantwortet haben. Da ich blind bin, war eine der schwierigs-ten Aufgaben für mich, mich am neuen Arbeitsplatz zu orientieren. Aber auch das ging ziemlich schnell. Und mit den neuen Arbeitsgeräten und mit meiner neuen Arbeitsplatzausstattung komme ich mittlerweile sehr gut klar.
Können Sie Ihre fachliche Kompetenz schon voll einsetzen oder gibt es noch Reibungen?
Ja, das kann ich. Ich bin ja weder der erste, noch der einzige sehbehinderte oder blinde Mitarbeiter in der Abteilung, das ist für das Team also nichts Neues. Und falls doch mal etwas nicht funktionieren sollte, gibt es immer hilfsbereite Kolleg*innen, die helfen wollen und kön-nen. Natürlich benötige ich manchmal sehende Hilfe, wenn ich etwa Bilder auf Alternativtexte oder auf Farbkontraste prüfe. Dafür habe ich eine Assistenz beantragt.
Wir sind ein wirklich tolles Team, in das ich mich gut integriert habe. Bei uns arbeiten sehende und sehbehinderte Kolleg*innen routiniert und effizient zusammen. Ich bin also gleich auf Akzeptanz gestoßen. Die Leute wissen in der Regel genau, welche Aufgaben ich erledigen kann und welche nicht, das ist wirklich sehr angenehm.
Was konnten Sie aus der Ausbildung im ZBB in die Beschäftigung mitnehmen?
Da ich mich hauptsächlich mit Webseiten beschäftige, fand ich die Projekte besonders spannend, in denen wir uns mit Webentwicklung beschäftigt haben. Dort habe ich viel über PHP und HTML gelernt, aber auch einiges über CSS und JavaScript. Dieses Fachwissen hilft mir nun täglich bei der Arbeit. Es fällt mir leicht zu analysieren, warum eine Barriere auftritt und wie sie zu beheben ist. Aber auch mit meinem Abschlussprojekt, eine etwas komplexere Webanwendung für das ZBB, konnte ich meine Kenntnisse deutlich vertiefen. Außerdem habe ich in der Ausbildung aktuelle Organisations- und Arbeitsmethodiken gelernt, die mir nun nützlich sind.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Job – und was sind Ihre Pläne?
Besonders gefällt es mir, dass ich dabei helfen kann, Menschen für das Thema Barrierefreiheit zu sensibilisieren. Wir prüfen nicht einfach, sondern erklären auch, welche Auswirkungen Barrieren auf verschiedene Benutzergruppen haben und wie sie beseitigt werden kön-nen. Auch die Arbeit im Team und die Arbeitsatmosphäre gefallen mir sehr. Es gibt immer etwas zu lernen und zu entdecken, beispielsweise, welche Barrieren bei verschiedenen Benutzergruppen auftreten können oder auch, wie man den Arbeitsalltag besser und effizienter gestalten kann. Ich habe Spaß daran, meine Arbeit immer noch besser zu machen und Neues zu lernen. Und was die langfristige Zukunft bringen wird, da lasse ich mich doch einfach überraschen. Adrian, ich danke Ihnen für das Gespräch. Alles Gute und weiterhin viel Spaß.
- Letztes Jahr ist es gemeinsam mit dem DBSV gelungen, den Themenbereich Barrierefreiheit in die Ausbildungsrahmenpläne der IT-Berufe zu integrieren. Seither gehört die Barrierefreiheit zu den verbindlichen Ausbildungsinhalten. „Wir hoffen", ergänzt Otfrid Altfeld, „dass die Barrierefreiheit als Gestaltungsprinzip bei der Entwick-lung informationstechnischer Systeme künftig besser verankert wird. Nur so können digitale Arbeitsplätze nachhaltig inklusiver wirken.“
- Für nähere Infos über die Ausbildungsangebote im ZBB lohnt sich ein Blick in unseren YouTube-Kanal: youtube.com/blistaCampus