Winnies wunderbare Weihnachtswelt

Eine stilisierte Silhouette eines Paares vor einem kitschigen goldenen Herz auf rotem Grund.

Heute: *Save the last dance for me"

Für Steffen L.

Winfried Thiessen, pädagogischer Mitarbeiter im Internat | In einer Internatswohngruppe der blista in Marburg lebte einmal ein Junge namens Max. Anfänglich hatte Max nur eine Sehbehinderung, doch mit der Zeit verschlechterte sich sein Sehvermögen drastisch, und er wurde fast vollständig blind. Hell und Dunkel konnte er noch erkennen. Diese Veränderung stürzte ihn in eine tiefe Depression. Die Tage wurden schwerer und die Nächte dunkler. Er zog sich in sein Zimmer zurück und vermied die Gesellschaft seiner Freund*innen und Mitbewohner*innen. Die Welt, die er einst so mutig erobert hatte, schien ihm nun unüberwindbar. In der Schule kam er immer weniger zurecht. Seine Noten wurden schlechter und seine Zuversicht sank von Tag zu Tag. Die Erzieher*innen in der Wohngruppe wussten nicht, wie sie ihm helfen sollten. Sie waren ratlos. "Max, du kannst nicht einfach nur im Bett liegen bleiben", sagten sie immer wieder. "Du kannst nicht einfach aufgeben. Das Leben ist hart, aber du musst kämpfen!" Doch Max fühlte sich von Worten wie diesen nur noch weiter in die Dunkelheit gestoßen. Was wussten die Erzieher*innen schon von seinen Problemen. Max wickelte die Bettdecke noch enger um sich. Ihre Worte ließ er an sich abprallen wie Regentropfen an einem Fenster.

Inmitten dieser Dunkelheit gab es jedoch manchmal Momente, die für ein wenig Licht sorgten. Wie die Nacht, in der Max versuchte zu fortgeschrittener Stunde, seinen Wecker zu stellen, aber stattdessen den Timer auf seinem Radio aktivierte. Plötzlich ertönte mitten in der Nacht laute Musik, die die ganze Wohngruppe aufweckte. Die Erzieherin war natürlich alles andere als amused, aber Max konnte nicht anders als jedes Mal bei dem Gedanken zu schmunzeln, dass er aus Versehen für eine spontane Tanzparty in seiner Wohngruppe gesorgt hatte.

Die Tage vergingen, und Max verlor sich immer mehr in seiner eigenen Welt. Die Hoffnung schwand, und die Dunkelheit schien ihn zu verschlingen. Doch dann, zum Schuljahresanfang, erschien ein neuer Erzieher in der Wohngruppe. Herr W, jung und voller Tatendrang, hatte schon von Max' Situation gehört und war entschlossen, ihm zu helfen. Herr W klopfte leise an Max' Tür und setzte sich an sein Bett. Er begann zu erzählen, von seiner eigenen Jugend, von den Schwierigkeiten, die er überwunden hatte. Seine Stimme war sanft, aber bestimmt. "Weißt du, Max", sagte er schließlich, "manchmal ist das Leben wie ein Labyrinth. Man fühlt sich verloren, doch es gibt immer einen Ausweg, wenn man nur weitergeht." Max lauschte, zunächst widerwillig, doch dann immer aufmerksamer. Es war, als ob Herr W eine Tür in seiner Dunkelheit öffnete, ein kleiner Spalt Licht, der Hoffnung hineinließ. Herr W versuchte Max davon zu überzeugen, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, Braille zu lernen und Mobilitätsunterricht zunehmen. Anfangs weigerte Max sich, doch Herr W blieb geduldig und ermutigte ihn stetig.

Eines Morgens, nach vielen Gesprächen und gemeinsamen Stunden, schlug Herr W vor, einen Ausflug zu machen. Max war skeptisch, doch irgendetwas in Herrn Ws Stimme sagte ihm, dass er es zumindest einmal versuchen sollte. Sie gingen in den nahegelegenen Wald, wo die Geräusche des Spätsommers Max’ Sinne erweckten. Die Vögel sangen, der Wind rauschte durch die Bäume und die Erde roch nach Regen. Sie wanderten bis zur Erschöpfung. Es war ein sinnliches Abenteuer, das Max daran erinnerte, dass es eine Welt außerhalb seiner Dunkelheit gab. Dieser Ausflug war nur der Anfang. Herr W konnte Max schließlich davon überzeugen, dass er die Blindentechnische Grundausbildung machen müsse, um sein Abitur erfolgreich abschließen zu können.

Max kämpfte sich durch diese neuen Herausforderungen. Die Braille-Schrift wurde schnell von einem unverständlichen Muster zu einem vertrauten Freund, der ihm die Welt der Bücher wieder neu eröffnete. JAWS half ihm, den Computer zu nutzen, und der Mobilitätsunterricht gab ihm die Freiheit, sich sicher und selbstbewusst zu bewegen.

Die Jahre zogen ins Land. Einige Tage vor der Abschlussfeier saß Max in der Bibliothek und las in einem Braille-Buch, als plötzlich eine leise Stimme hinter ihm flüsterte: "Max, kann ich dich kurz sprechen?" Es war Anna, eine Klassenkameradin, die ebenfalls blind war. Sie war stets freundlich und hatte ein herzhaftes Lachen, das jeden Raum erhellte. Max drehte sich zu ihr um und lächelte. "Klar, Anna. Was gibt's?" Anna setzte sich zu ihm und holte tief Luft. "Max, ich wollte dir schon lange etwas sagen. Ich ... ich mag dich wirklich sehr. Und ich habe mich gefragt, ob du vielleicht mein Tanzpartner beim Abiball sein möchtest?" Max war sprachlos. Seine Gedanken rasten, doch dann überkam ihn ein Gefühl der Freude. "Anna, ich würde nichts lieber tun als mit dir auf dem Abiball zu tanzen", antwortete er schließlich.

Am Abend des Abiballs betraten Max und Anna die Tanzfläche. Die Musik begann zu spielen, und sie bewegten sich im Takt, als ob sie die Melodie sehen könnten. Der ganze Saal beobachtete das Paar, das mit einer solchen Anmut und Freude tanzte, dass es schien, als ob sie in ihrer eigenen Welt waren. Gerade als die Menge den vielen Tanzpaaren applaudierte und sich der Vorhang zu schließen begann, zog Anna Max zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr: "Bleib noch einen Augenblick Max, ich habe noch eine kleine Überraschung für dich." Sie hatte den DJ gebeten, das Lied zu spielen, das mitten in der Nacht vor Jahren die ganze Wohngruppe geweckt hatte. Die ersten Takte erklangen. Anna zog Max diesmal noch fester an sich. Max fühlte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen. Er dachte daran, wie weit er trotz Blindheit gekommen war. Es war der Moment, in dem ihm klar wurde, dass alles gut werden würde – nicht trotz, sondern wegen all der unerwarteten Wendungen, die das Leben so einzigartig machten. Und als er so mit Anna durch die lichte Dunkelheit des Ballsaales schwebte, wusste er genau, dass er in diesem Augenblick das Mädchen, das nur für ihn ganz alleine bestimmt war, in den Armen hielt. Der Saal leerte sich immer mehr. Die letzten Akkorde waren längst gespielt, der letzte Ton schon lange verklungen. Aber ihr Song würde fortan für immer diesen Raum erfüllen: „You can dance every dance with the guy who gives you the eye. Let him hold you tight. You can smile every smile for the man who held your hand 'neath the pale moonlight. But don't forget who's takin' you home and in whose arms you're gonna be. So darlin', save the last dance for me. So darlin´, save the last dance for me.“ Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tanzen sie noch heute…

Danksagung

Hiermit möchte ich mich bei Chat GPT dafür bedanken, dass es mir in kürzester Zeit das Gerüst zu diesem Text geliefert hat. Ohne dich, liebes Chat GPT, hätte ich mich niemals getraut, so eine romantische Schnulze aufs Parkett zu legen.

Auf ein Nachwort

Alle Personen dieser Geschichte sind natürlich frei erfunden – bis auf Herr W. Bei ihm hat sich Chat GPT leider den größten Rechercheschnitzer erlaubt. So ist es eben, wenn man beim Recherchieren nur Zugriff aufs Internet hat und nicht auf das reale Leben. Aber da Herr W in der Geschichte so gut weggekommen ist, wollte der Autor ihn einfach mal so stehen lassen.

*The Drifters, "Save the last dance for me"

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