Inklusion im Montessori-Kinderhaus Marburg
bedeutet, dass alle so akzeptiert werden, wie sie sind
Nina Gromes | Wir betreuen in unserem Kinderhaus in der Wilhelm-Roser-Straße bis zu 40 Kindergartenkinder und bis zu zehn Krippenkinder in drei getrennten Gruppen. Am Standort in der Friedrichstraße sind es bis zu zehn Krippenkinder. Wir betreuen Kinder mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und können auch Kinder mit Förderbedarf bei uns aufnehmen. Auch bei der Auswahl der Mitarbeiter*innen sind wir für eine vielfältige Zusammensetzung offen und beschäftigen Fachkräfte mit verschiedenen Interessen, kulturellen Hintergründen und Mitarbeiter*innen mit Einschränkungen. Wie findet Inklusion im Kinderhaus statt? So individuell wie jedes Kind ist, ist auch die stattfindende Inklusion in unserem Kinderhaus. Jedes Kind nimmt seinen eigenen Weg in der Entwicklung und die pädagogischen Fachkräfte begleiten es auf diesem. Dazu bedarf es einer guten Beobachtung und der Kenntnis der „sensiblen Phasen“ eines Kindes.
Beobachtung und die Kenntnis der „sensiblen Phasen“
Maria Montessori beobachtete, während ihrer Studienzeit in einer Kinderpsychiatrie, die natürlichen Bedürfnisse eines Kindes und stellte dabei fest, dass die Kinder in verschiedenen Altersstufen für bestimmte Bereiche „sensibel“ sind.
Die jungen Kinder im Kindernest haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewegung, Sprache und Ordnung. Um diesem Bedürfnis gerecht zu werden, werden die Räumlichkeiten entsprechend gestaltet und die Fachkräfte geben dem Kind die Möglichkeit, sich in dieser Umgebung sicher zu bewegen. Es findet eine sprachliche Begleitung statt. Die jungen Kinder befinden sich in der Phase des „absorbierenden Geistes“, das bedeutet, sie saugen Informationen auf wie ein Schwamm. Das ist eine große Herausforderung für die Fachkräfte, da hier die Vorbildfunktion eine große Wirkung hat. Die Kinder spiegeln die Erwachsenen ständig und regen diese zum Reflektieren an.
Die Kinder im Kinderhaus (3-6 Jahre) haben grundsätzlich die gleichen sensiblen Phasen wie die Kinder in der Nestgruppe (1-3 Jahre). Sie werden aber im Laufe des Aufenthaltes im Kinderhaus vom „unbewussten zum bewussten Schöpfer“. Das Interesse an Zahlen und Buchstaben nimmt zu, genauso wie das soziale Interagieren. Es wird nicht mehr alles so ausgeprägt sprachlich begleitet.
Am Ende der Zeit im Kinderhaus, wenn die Kinder in die Schule wechseln, sind sie offen für Neues und möchten die Welt erkunden.
Dieses ganze Wissen befähigt die Fachkräfte dazu, jedes Kind so anzunehmen, wie es ist und entsprechend zu fördern.
Rituale geben Orientierung
In unserem Kinderhaus ist jedes Kind einer festen Gruppe zugeordnet. Das Kind hat eine feste Bezugsperson, welche für das Kind und die Eltern als Ansprechpartner* in zur Verfügung steht. Für Mädchen und Jungen mit Förderbedarf, setzen wir eine Integrationsfachkraft ein, welche mit einem zusätzlichen Stundenkontingent individuell für das Kind da ist. Diese begleitet das Kind durch den Alltag, beobachtet es, erstellt Förderpläne und vernetzt Eltern, Kinderhaus und Fördereinrichtungen, wie z.B. die Frühförderung der blista. Alle anderen Fachkräfte im Montessori-Kinderhaus stehen dem Kind selbstverständlich auch zur Seite.
Der Tag im Kinderhaus beginnt nach der Bringzeit mit dem Morgenkreis. Dieser ist für alle Kinder ein festes Ritual, welches gerade für die Kinder mit Beeinträchtigungen zur Orientierung sehr wichtig ist. Im Morgenkreis bekommt jedes Kind die Möglichkeit, sich einzubringen, kann aber auch einfach dabei sein.
Es wird eine Kerze angezündet, über das Datum, den Wochentag und die Jahreszeit gesprochen. Die Kinder suchen Lieder und Fingerspiele aus. Dazu gibt es Bildkarten, welche es den Kindern ermöglichen, eigenständig eine Entscheidung zu treffen.
Um allen Kindern die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen, ziehen die Fachkräfte aus einem Los-Topf einen Namen und fragen das Kind ob es z.B. die Kerze anzünden möchte. Das vermeidet, dass bestimmte Kinder bevorzugt werden und garantiert Chancengleichheit für alle.
Jedes Kind nimmt seinen eigenen Weg
Nach dem Morgenkreis, welcher in jeder Gruppe getrennt stattfindet, werden die Gruppen geöffnet. In den Nestgruppen findet im Anschluss das gemeinsame Frühstück statt.
Die Kinder der Nestgruppen bleiben in ihren Gruppen. Sie werden dort bei der Wahl ihrer Beschäftigung von den Fachkräften unterstützt.
Die Freiarbeitsphase beginnt. Die Kinder haben die freie Wahl, wo sie sich aufhalten und was sie tun möchten. Die Kinder der beiden Kinderhausgruppen können in einem festgelegten Zeitrahmen, während der Freiarbeitszeit entscheiden, wann und mit wem sie gerne frühstücken möchten.
Alles hat seinen festen Platz
Es gibt im Kinderhaus verschiedene Bereiche, in welchen Materialien angeboten werden. Dazu gehören Mathematik, Sprache, Sinnesmaterial, Übungen des praktischen Lebens und Erkundung der Welt. Darüber hinaus finden die Kinder Kreativmaterial und ein großes Außengelände vor.
Alles hat seinen festen Platz im Kinderhaus. Das gibt den Kindern Sicherheit und hilft ihnen bei der Orientierung. Dies ist für alle wichtig und für Kinder mit einer Beeinträchtigung sehr hilfreich. Gerade Kinder mit einer Einschränkung des Sehens finden sich sehr gut zurecht, wenn sie Material immer am gleichen Ort vorfinden.
Wenn es für die Kinder mit Förderbedarf bestimmte Materialien gibt, ist dieses in einem extra markierten Fach untergebracht. Für Kinder mit einer Sehbeeinträchtigung z.B. mit einer sehr markanten Farbe wie rot. Auch alle anderen Fächer mit Eigentum des Kindes und der Platz in der Garderobe sind mit einem großen roten Punkt markiert.
Für unsere Kinder mit Förderbedarf werden auch, je nach Bedarf, bestimmte Hilfsmittel und Materialien angeschafft und eingesetzt. Die Frühförderstelle der blista berät uns auch in diesem Bereich und stellt uns gerne Material zur Verfügung.
Inklusion in unserem Kinderhaus bedeutet, dass alle Kinder und Fachkräfte verschieden sind und jede Person so akzeptiert wird wie er oder sie ist. Wir möchten die Möglichkeit eröffnen, dass alle Kinder eine schöne Kindergartenzeit in unserem Kinderhaus erleben.
Kontakt: Nina Gromes, Leiterin
Tel.: 06421 3897632
E-Mail: kinderhaus@montessori-marburg.com
Internet: www.blista.de/montessori-kinderhaus