FOG-Praktikum in Mainz
Von Kim-Denise Timman | Die Schüler*innen der Fachoberschule Gesundheit (FOG) der Carl-Strehl-Schule absolvieren im 2. Halbjahr der Jahrgangsstufe 11 ein Praktikum bei unserem Kooperationspartner, dem Institut für Gesundheit und Soziales (BFW), in Mainz. Teile des Praktikums werden im Institut geleistet, andere in Kliniken. Hier ein Erfahrungsbericht von Kim-Denise Timman, Schülerin der FOG:
„Es sind nur 10 Wochen. NUR. 10. WOCHEN.“ Das waren, um ehrlich zu sein, meine Gedanken vor dem Praktikum. Neugierde aber auch Angst. Wenn alles schief läuft, sind es nur 10 Wochen und damit ein überschaubarer Zeitraum.
Lernen: Massage
Der Massage-Unterricht war eine Herausforderung. Zur Einstimmung sollten wir uns gegenseitig massieren, ups. Die Kleidung muss man dafür ausziehen, da man direkt auf der Haut massiert. Meine Scham und die Angst waren recht groß, aber Massage lernt man nun mal so. Es wurde gesagt, dass diese Scham und Angst verschwinden würde. Trotzdem dachte ich: „Aber ich will doch gar nicht Masseur werden?“ Naja, Augen zu und durch. Schlussendlich ist es nicht so schlimm gewesen, wie erwartet. Trotzdem wäre dieser Beruf nichts für mich.
Bewegung
Allerdings gab es auch viel Positives. Zum Beispiel das Klettern, bei dem wir uns gegenseitig gesichert haben, die „Tanztherapie“ in der wir unter anderem Motorrad gefahren sind (mit einem Stab in der Hand als Lenkrad) und so die Grundlagen der Tanztherapie erfahren konnten. Aber auch die Bewegungserziehung, in der wir Themen wie Körperspannung und Gleichgewicht hatten, u.a. auf der Slackline waren und Übungen mit dem AirexxPad kennenlernten, alles war sehr praxisorientiert: Ausprobieren, eigene Ideen und Vorstellungen entwickeln, sich mit Themen wie Körperspannung und anatomischen Grundlagen auseinander setzen. Auch das Fach „Alternative Heilkunde“ besteht aus sehr viel Praxis. Anfassen, mitmachen, ausprobieren.
Wohnen
Ohne Ansprechpartner (sprich Betreuer*innen) in einer Art Studentenwohnheim zu leben, hat seine Vor- und Nachteile. Manchmal sind die Mitbewohner etwas lauter, wenn sie feiern, aber das lässt sich (alleine) klären. Anschluss hat man gut gefunden. Die anderen Schüler*innen dort waren sehr nett, hilfsbereit und man ist nach und nach auch ins Gespräch gekommen, sowohl über ihre Ausbildung, als auch Lehrkräfte, Mainz an sich und die Praktika. Ich wurde dann auch gleich zu einer Examensfeier eingeladen, habe zwei ehemalige Blistaner kennengelernt, mit denen man gut reden konnte. (Alle Schüler*innen kennen ja sicherlich den regen Austausch. :-)
Praktikumsteil Klinik
Neue Herausforderung: Morgens um 05:30 Uhr aufstehen, Fahrt zur Klinik. Bei den Kolleg*innen gab es einige mit Sehbehinderung, das erleichterte den Einstieg. Allerdings muss man auch dazu sagen, dass man sich komplett selbst organisieren muss, keinen strukturierten Plan hat und sich selbstständig darum kümmern muss, etwas lernen zu können und etwas zu tun zu haben. Das war für mich nach kurzer Eingewöhnung aber sehr praktisch.
Praxis am „lebenden Patienten“
Da konnte ich schon mal zeigen, was ich gelernt habe. Narbenbehandlung, Lymphdrainagen Massage und MTT (Medizinische Trainingstherapie) waren dann doch eher Fachworte, die ich zwar schon mal gehört habe, aber was das genau bedeutete war mir anfangs schleierhaft. Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben. Also lernte ich, wie man das Narbengewebe lockert, was man alles an Sportgeräten trainieren kann, wie schwer zwei Kilos beim „Butterfly“ (Fitnessgerät) sein können und wie man Schwellungen in den Beinen mindern kann. Ich konnte so mitbekommen, welche Therapien helfen, wie den Patient*innen geholfen werden kann und dass Physiotherapie viel mehr ist, als nur „den Patienten an der Liege behandeln“. Und ich habe mich selber in der Elektrotherapie unter Strom gesetzt. (Keine Sorge, es ist nicht so wie im Film „The Green Mile“.)
Die Kolleg*innen
Auf einmal ist man in der Arbeitswelt und hat lauter erwachsene Menschen um sich. Hört sich schlimmer an, als es ist. Die meisten Kolleg*innen waren sehr nett, zugewandt und haben Fragen liebend gern beantwortet. Denn: Wer nicht fragt, bleibt dumm. Und manchmal ist man trotz der Antwort nicht schlauer. Aber ich hatte das Gefühl, das legt sich auch mit der Erfahrung.
In persönlichen Gesprächen kamen dann auch das Thema Diagnosen auf. “Morbus Bahlsen“... - für alle, die nicht wissen, was das ist: einen an der Waffel haben. Also natürlich keine normale Diagnose, aber der Humor auf „der anderen Seite der Spritze“ ist nun mal etwas eigen.
Augenhöhe
Das ist das Wort, was mir in Bezug auf meine Kolleg*innen am meisten durch den Kopf ging. Ich fühlte mich nicht als Belastung und Praktikantin, viel mehr wurde ich eingebunden. Aber auch mit den Patient*innen hat es sehr viel Spaß gemacht. Gerade die Offenheit in Bezug auf die „Mitbehandlung“ durch mich, hat mir eben viel gezeigt: „am echten Patienten“. :-)
Und siehe da, die Zeit geht viel zu schnell vorbei. Schade eigentlich. Aber es sind ja zehn Wochen. Aus dem anfänglich selbstberuhigenden „nur“ wurde ein „leider nur“. Und bevor ich es vergesse, wir haben auch sehr viel gelacht. Ein notwendiger Ausgleich zu dem straffen Programm und den vielen Eindrücken.
Wir sind zusammengewachsen und haben viel voneinander erfahren. Das lag nicht nur am Ausziehen voreinander und gegenseitigem Vertrauen an der Kletterwand, sondern viel mehr an den gemeinsamen Essen, den Witzen und dem Austauschen über schwierige Situationen. Wenn mal wieder Vieles schwierig war, konnten wir gemeinsam darüber reden oder uns ablenken. Ich fand, dass es unglaublich hilfreich war, als eine Klasse dorthin zu fahren. Auch gab es viele unvergessliche Momente in Mainz und viele Situationen, die wir wohl als „Insider“ immer im Kopf behalten werden.