Abwechslungsreich und voller neuer Erfahrungen
Sechs intensive Ostercamp-Tage in Marburg
Thorsten Büchner*. Voller Spannung, was in den nächsten sechs Tagen so alles auf sie zukommen würde, reisten Ende März zehn blinde und sehbehinderte Kinder zwischen 10 und 13 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet nach Marburg an, um an der blista am Ostercamp teilzunehmen. Reiten und Theaterspielen sollten im Mittelpunkt stehen.
Nachdem die Eltern sich auf den Heimweg gemacht hatten, ging es für die zehn neugierigen Campteilnehmer direkt weiter in die große blista-Turnhalle. Kennenlernspiele mit allen Beteiligten halfen Unsicherheiten und Berührungsängste abzubauen. Zum Austoben ging es dann gleich auf ein überdimensioniertes Luftkissen, „Airtramp“ genannt, auf dem nach Herzenslust gehüpft und gesprungen werden konnte. Inline-Skaten, Pedalo-Fahren und auf Rollbrettern durch die Halle gleiten gefiel den Kids so gut, dass sie am Sonntagvormittag, als der eigentlich geplante Bootsausflug wegen des schlechten Wetters ausfallen musste, nicht unglücklich waren und gerne wieder die Gelegenheit zum Toben nutzten.
Nachmittags stand erstmals Theaterspielen auf dem Plan. Die meisten hatten keinerlei Erfahrungen mit der Schauspielerei. Daher waren viele Übungen für Stimme und Körper, zur Bewegung im Raum oder gar das Improvisieren von unbekannten Szenen, Neuland für die zehn „Camper“. Besonderen Spaß machte von Anfang an das Aussuchen und Einsetzen der verschiedensten Kostüme, so dass das Schlüpfen in andere Figuren enorm erleichtert wurde. In den kommenden Tagen sollten die sieben blinden und drei sehbehinderten Kinder viel ausprobieren, chorisches Sprechen lernen, ihren Körper bewusst einsetzen, um Emotionen auszudrücken. Alle waren mit Begeisterung dabei, nahmen jede Aufgabe, die ihnen von den fünf Anleiterinnen und Anleitern, von denen drei selbst blind oder sehbehindert waren, gestellt wurden an und beeindruckten durch ihre Ausdauer und ihren Spaß an der Sache.
Innerhalb der drei Theaternachmittage entstand so eine kleine Szene aus den „Bremer Stadtmusikanten“, bei dem das Erlernte gleich in die Tat umgesetzt werden konnte.
An den Vormittagen stand das Reiten im Mittelpunkt. Viel Wissenswertes rund ums Pferd lernten die Camper, von denen viele noch nie auf einem Pferd gesessen hatten. Kontakt aufnehmen mit dem großen Tier, die Pflege und Haltung der Tiere gehörten genauso zum Programm wie das Reiten selbst. Gegen Ende des Camps waren viele schon so weit fortgeschritten, dass sie an der Longe galoppieren konnten. „Eine tolle Erfahrung!“ war das einhellige Fazit der meisten Kids.
Kegeln, gemeinsame Abende in der Wohngruppe, Klönen, lecker Essen?… All das gehörte zum Feriencamp dazu.
Die sechs Tage in Marburg vergingen wie im Flug. Und natürlich wollten die zehn frischgebackenen Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Eltern ihre neu erworbenen Fähigkeiten zeigen. Wie in einem richtigen Theater mussten die Eltern vor den Türen der Schulaula, die als Aufführungsort genutzt wurde, warten, bis die Schauspielerinnen und Schauspieler ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatten.
Voller Vorfreude und einer Portion Lampenfieber, die zu jedem Auftritt dazugehört, warteten die Camper darauf, ihre Eltern mit den „Bremer Stadtmusikanten“ zu unterhalten. Viel Applaus und lobende Worte zauberten Lächeln in die Gesichter. Alle hatten ihr Bestes gegeben und sichtlich Spaß beim Auftritt.
So fiel der Abschied fast schon ein bisschen schwer, nach sechs intensiven Tagen rund ums Pferd, mit viel Theater.
Die Mutter eines Camp-Teilnehmers, die selbst blind ist, ergriff nach der Abschlusspräsentation das Wort und bedankte sich bei allen Beteiligten. Sie wisse, wie wichtig es für blinde und sehbehinderte Kids sei „den Austausch untereinander zu haben“. Dafür habe das Camp gesorgt. Die überwiegende Zahl der Camp-Teilnehmer wird inklusiv beschult und hatte neben all den spannenden, aufregenden, neuen Erfahrungen beim blista-Camp auch endlich mal viel Zeit zum gegenseitigen Austausch.
So waren auch die Reaktionen der zehn Kinder überaus positiv. „Das Programm war total abwechslungsreich und hat Spaß gemacht.“ „Ich komme gerne wieder zu einem solchen Camp nach Marburg.“ Auf der Heimreise hatten die zehn Camper mit Sicherheit viel zu erzählen, von Pferden, dem Theaterspielen und ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem „Vampirspiel“.
Beeindruckend war, wie sehr die zehn Kinder, trotz ihrer Unterschiedlichkeit, innerhalb dieser sechs Tage zu einer harmonischen Gruppe zusammengewachsen sind, in die jeder seine Talente mit einbringen konnte.
Ein besonderer Dank gilt dem „Fonds der Arzneimittelfirmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V.“ für die großzügige finanzielle Unterstützung.